Sind Impfungen gefährlich?
Seit einigen Jahren werden vermehrt mögliche Impfrisiken und die Auswirkungen von Impfungen diskutiert. Besonders im Internet und in anderen Medien werden diese häufig verdächtigt, schwere Schäden an Menschen und insbesondere Kindern zu verursachen. Andererseits schützen sie vor gefährlichen und möglicherweise tödlichen Krankheiten und werden nicht nur von Krankenkassen, sondern auch von Vorsorge-Zusatzversicherungen bezuschusst. Verständlich, dass hier eine Entscheidung manchmal schwer fällt. Eltern wollen ihre Kinder weder durch Impfungen schädigen, noch durch fehlende Impfungen Krankheiten riskieren. Wir informieren Sie darüber, auf welche Weise Nebenwirkungen und Impfkomplikationen in Deutschland gemeldet und in welchem Rahmen diese Daten ausgewertet werden.
Herstellerstudien zu Impfrisiken nicht ausreichend
Die ersten Erkenntnisse über Nebenwirkungen von Impfstoffen kommen vom Hersteller. Da Impfstoffe gesunden Menschen verabreicht werden, gelten bei diesen noch strengere Auflagen als bei anderen Arzneimitteln. Bevor ein Impfstoff auf den Markt gebracht werden darf, muss der Hersteller durch Studien die Wirksamkeit belegen. Zusätzlich muss er zeigen, dass der Impfstoff gut verträglich ist und keine Schäden an den Impflingen anrichtet.
In diesen Vorstudien können Impfstoffe nur an einer begrenzten Zahl von wenigen Tausend bis Zehntausend Personen getestet werden. Seltene Nebenwirkungen (1 Fall pro 1.000 bis 10.000 Impfungen) können dadurch entdeckt werden, sehr seltene (weniger als 1 Fall pro 10.000 Impfungen) allerdings nicht.
Verdacht auf Nebenwirkungen ist für Ärzte meldepflichtig
Damit auch sehr seltene Nebenwirkungen erfasst werden können, sind nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) alle impfenden Ärzte verpflichtet, jeden Verdacht auf Impfkomplikationen dem Gesundheitsamt zu melden. Als Komplikation gilt jede Reaktion des Körpers, die über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion—wie z. B. Rötungen der Einstichstelle und leichtes Fieber—hinausgeht. Es ist dabei egal, ob der Arzt selbst einen kausalen Zusammenhang zwischen der Impfung und den auftretenden Problemen feststellen kann: Jede zeitnah zur Impfung auftretende Reaktion ist meldepflichtig.
Die dem Gesundheitsamt gemeldeten Fälle werden an das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) weitergeleitet. Obwohl der Meldeweg über das Gesundheitsamt der eigentlich vorgesehene ist, erhält das PEI überwiegend Meldungen direkt von den Ärzten und von den Herstellern. Der Grund dafür ist nicht bekannt. Das PEI unterhält eine Online-Datenbank aller gemeldeten Verdachtsfälle, die von jedem eingesehen werden kann.
Hinweis: Patienten und Verbraucher haben zusätzlich die Möglichkeit, durch ein Onlineformular für Verdachtsfälle auf Impfnebenwirkungen, diese dem PEI zu übermitteln.
Meldungen nur eingeschränkt nutzbar
Idealerweise würde die Anzahl gemeldeter Nebenwirkungen zu der Gesamtzahl geimpfter Dosen in Bezug gesetzt werden. Damit ließen sich Häufigkeiten von Nebenwirkungen (Inzidenzen) ermitteln. Diesem Vorhaben stehen allerdings mehrere Probleme im Weg:
- Das erste Problem ist das sogenannte „Underreporting“: Es muss davon ausgegangen werden, dass nicht jede Komplikation auch wirklich gemeldet wird. Wenn Ärzte oder auch Eltern meldepflichtige Symptome nicht erkennen oder als nicht relevant bewerten, kommt es auch nicht zur Meldung. Außerdem kann es vorkommen, dass bestimmte Bevölkerungsschichten meldewilliger sind als andere.
- Das zweite Problem: Ein allgemeines Impfregister, in dem jede durchgeführte Impfung erfasst würde, gibt es in Deutschland nicht. Die Anzahl der geimpften Dosen muss geschätzt werden. Als Schätzgrundlage dient z.B. die Menge der in Apotheken bevorrateten Dosen. Insbesondere bei den offiziell empfohlenen Impfstoffen bietet es sich auch an, die Anzahl der von gesetzlichen Krankenkassen bezahlten Dosen zu betrachten.
- Drittens ist es schwierig, im Nachhinein zu bewerten, ob die gemeldeten Nebenwirkungen tatsächlich durch Impfungen verursacht wurden. Gerade da sehr viele Menschen geimpft werden, ist es immer möglich, dass Komplikationen nur zufällig in zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung auftreten.
Aus diesen Gründen benutzt das PEI Meldungen nur, um „Signale“ zu entdecken. Ein Signal ist eine übermäßig häufig auftretende Reaktion innerhalb der Bevölkerung. Wird ein Signal entdeckt, werden anschließend weitere Studien eingeleitet, die einen Kausalzusammenhang untersuchen und echte Häufigkeiten ermitteln sollen.
So häufig werden Komplikationen gemeldet
Auch wenn aus den Meldungen keine exakten Nebenwirkungshäufigkeiten ermittelbar sind, ist ein Blick in die Zahlen des „Bulletin zur Arzneimittelsicherheit“ trotzdem interessant. Die aktuellsten Daten stammen aus dem Jahr 2015. Insgesamt 3.919 Meldungen über mögliche Impfnebenwirkungen wurden dem PEI in diesem Jahr zugesandt.
Der größte Teil (1.683 Fälle) wurde als „wiederhergestellt“ eingestuft, das heißt, es kam zu keinen bleibenden Schäden oder Beeinträchtigungen. In weiteren 170 Fällen waren Symptome zum Zeitpunkt der Meldung noch nicht vollständig verschwunden, Besserung war aber zu erkennen. 669 Personen galten zum Zeitpunkt der Meldung als „nicht wiederhergestellt“, 58 erlitten einen bleibenden Schaden.
Von den 58 gemeldeten bleibenden Schäden bewertete das PEI acht als wahrscheinlich durch Impfungen verursacht. In sechs Fällen kam es nach Abheilung eines an der Impfstelle entstandenen Abszesses zu Narbenbildung. In zwei Fällen führten Rotaviren-Impfungen zu einer Darminvagination, die operativ behandelt werden musste.
18 Todesfälle wurden gemeldet, elf davon entfallen auf Kinder bis sechs Jahre. In 14 Fällen bewertete das PEI einen Zusammenhang zwischen Impfung und Tod als unwahrscheinlich. In den verbleibenden vier Fällen blieb eine abschließende Bewertung wegen fehlender Informationen aus.
Im selben Jahr wurden von den gesetzlichen Krankenkassen 33,28 Millionen Impfdosen bezahlt. Die Zahl der Meldungen ist im Vergleich zur genäherten Zahl der geimpften Dosen gering.
Die nebenstehende Grafik zeigt, welche Komplikationen am häufigsten vorkamen. Insgesamt 1.219 verschiedene Reaktionsarten wurden gemeldet, fast die Hälfte davon trat aber nur ein einziges Mal auf. Mit Abstand am häufigsten gemeldet wurden Fieber, verschiedene Reaktionen an der Injektionsstelle sowie Hautrötungen (Erytheme).
Anerkannte Impfschäden sind selten
Für die Jahre 2005 bis 2009 liegen zusätzlich Zahlen über Anträge auf Anerkennung von Impfschäden vor. Ein solcher Antrag kann gestellt werden, um Entschädigungszahlungen zu erhalten, wenn tatsächlich ein Impfschaden vorliegt.
Im gesamten Zeitraum erhielt das PEI über 10.600 Meldungen zu möglichen Impfnebenwirkungen. Gleichzeitig wurden 1036 Anerkennungsanträge gestellt, 169 wurden bewilligt. Das bedeutet, dass in diesen 169 Fällen ein Zusammenhang zwischen Impfung und Schaden als wahrscheinlich eingestuft wurde. Erneut zum Vergleich: Im selben Zeitraum zahlten die Kassen 211,1 Millionen Impfdosen.
Die repräsentative Umfrage ergibt keine neuen Gefahren
Zwischen 2003 und 2006 führte das Robert-Koch-Institut (RKI) eine repräsentative Befragung in der Bevölkerung zum Gesundheitszustand von Kindern durch. 17.641 Kinder sowie deren Eltern wurden dafür zufällig aus den deutschen Melderegistern ausgewählt. Für 15.958 Kinder im Alter bis zu 17 Jahren wurden Fragen zu Impfnebenwirkungen beantwortet. Damit lagen Daten zu mehr als 100.000 Impfdosen vor. 2011 wertete das RKI diese Daten aus.
Eltern von 332 (2,1 %) Kindern gaben an, dass eine oder mehrere Impfungen schlecht vertragen worden waren. Auch hier überwiegen Fieber und Schwellungen an der Impfstelle, gefolgt von unstillbarem Jucken, Hautausschlägen, Fieberkrämpfen und weiteren Beschwerden.
Die meisten Komplikationen traten nach FSME-Impfungen gegen von Zecken verursachten Hirnhautentzündungen auf. 4,28 von 1.000 Impfungen wurden schlecht vertragen. Danach folgen Impfungen gegen Masern mit 2,43 von 1.000 und gegen Keuchhusten mit 2,07 von 1.000 Impfungen. Dabei wurden Zahlen für Einzel- und Kombinationsimpfstoffe zusammengefasst.
Keine der angegebenen Komplikationen entsprach einer seltenen und schweren Nebenwirkung. Bei zwei Kindern wurde ein Impfschaden amtlich anerkannt. In beiden Fällen führte eine BCG-Impfung gegen Tuberkulose zu einem Abszess an der Impfstelle. Diese Impfung wird heute nicht mehr von der STIKO empfohlen.
Laut RKI wurden von den Eltern keine Nebenwirkungen genannt, die nicht bereits in den Fachinformationen der Impfstoffe diskutiert werden. Auch die Anzahl der Nebenwirkungen lag unter den bekannten Häufigkeiten.
Auch diese Studie kann aber wieder nur als Hinweis auf mögliche Nebenwirkungen angesehen werden. Die Befragung beruht ausschließlich auf der Selbsteinschätzung der Eltern, genannte Impfungen lagen teilweise bis zu 17 Jahre zurück. Ein tatsächlicher Kausalzusammenhang zwischen Impfung und Beschwerden wurde nicht untersucht.
Abwägung von Nutzen und Risiko ist wichtig
In der Diskussion um Impfungen ist es notwendig, sich auch die Gefährlichkeit der Erreger vor Augen zu halten. Die Frage nach dem Impfen ist schließlich eine Abwägung zwischen den verhinderten Krankheiten und möglichen Impfkomplikationen. Viele Krankheiten, gegen die heute Impfstoffe zur Verfügung stehen, führten Anfang des 20. Jahrhunderts noch bei Millionen von Menschen zum Tod.
Angesichts der heutzutage geringen Erkrankungszahlen fragen sich allerdings viele Menschen, ob entsprechende Impfungen überhaupt noch notwendig sind. Dem gegenüber steht die Befürchtung, dass es bei abnehmender Durchimpfrate (Stichwort Herdenimmunität) der Bevölkerung wieder zu größeren Ausbrüchen kommen kann.
Am Ende muss jeder selbst entscheiden, welche Impfungen er für sinnvoll hält. Besonders bei neuen Impfungen wie z. B. gegen HPV (Humane Papillomviren), bei denen Fragen zur Wirksamkeit noch nicht eindeutig geklärt sind, sollte jede Impfentscheidung gut überlegt sein.
10 Gedanken zu “Impfungen – Wie hoch sind die Impfrisiken wirklich?”
Ein sehr informativer Beitag – ich bin bei Impfungen sehr skeptisch. Es ist einfach so viel Geschäftemacherei dabei dass man schwer durchblickt. Ich lasse meine Kinder nur gegen Krankheiten impfen, die lebensgefährlich sind uns empfohlen werden. Die anderen lasse ich weg.
Liebe Grüße und schönen Abend!
Verena
Ein sehr informativer Artikel! Es ist ein schmaler Grad zwischen impfen und nicht impfen lassen. Ich kann mich vom Erzählen meiner Mutter daran erinnern, dass sie mich als Kind gegen Grippe hat impfen lassen und, dass diese Impfung mir damals als Kind leider nicht sehr gut getan hat und ich viele Nebenwirkungen hatte, weswegen sie mich zukünftig nicht mehr geimpft hat.
Glg Karolina
Ich bin schon immer geimpft worden. Mein Impfpass hat keine Lücken 😉 Ich selbst würde mich heutzutage nicht mehr gegen alles Impfen. Ich denke, dass das früher anders war. Heutzutage gibt es mehr Aufklärung und auch mehr Studien. Ich denke ich würde mich vor einer Impfung in Zukunft mehr informieren und es dann entscheiden.
Danke für den super Beitrag,
Liebe Grüße
Mary
Das ist ein sehr informativer Post und ich glaube, wer seine Meinung offen äußert, riskiert auch eine Grundsatzdiskussion 😀 Da ich zu den Kinder gehöre, das komplett durchgeimpft wurde und keinerlei Reaktionen gezeigt habe und auch bei den allgemeinen Auffrischung auch keine Probleme habe, bin ich Team ‚Pro Impfung‘. Da ich im medizinischen Bereich arbeite, lasse ich alle zwei Jahre meinen Titer bestimmen.
Liebe Grüße
Nadine
Ein sehr ausführlicher und interessanter Bericht. Das Thema Impfschäden ist ja im Moment in aller Munde. Ich kenne einige Mütter die sich weigern ihre Babys gegen Masern impfen zu lassen, auch meine Tochter gehört dazu.
Liebe Grüße
Sigrid
Hi, ein sehr guter Informativer Artikel der für Aufklärung sorgt, was glaube ich dringend notwendig ist. Ich gehe regelmäßig zum Impfen und meine Kinder sind auch geimpft. Ich persönlich finde das wichtig. Natürlich sind die Risiken nicht immer einfach und eindeutig, dennoch wir haben noch keiner schlechte Erfahrung gemacht. Das muss aber jeder für sich entscheiden.
Ich wünsche noch einen wunderschönen Tag Alex
Hey,
und danke für deinen Artikel. Wir impfen. Zwar nicht alles, aber wir tun es.
Liebste Grüße,
Sandra.
Das ist ein wirklich sehr interessantes Thema und kommt total passend für mich. Ich habe mich vor zwei Wochen zum ersten Mal Impfen lassen. Meine Mutter war und ist komplett gegen Impfungen und so wurde ich im Kindesalter nie geimpft. Ich habe mich jetzt dazu entschieden die wichtigen Grundimpfungen nachzuholen und hab noch einige vor mir. Bei uns in Österreich wird von der Krankenkasse überhaupt nichts an Kosten übernommen und wir müssen alle Kosten selbst tragen. Was bei mir bisher für zwei Impfungen immerhin 150,- Euro waren. Verständlich das allein aus diesem Grund schon viele überlegen sich überhaupt Impfen zu lassen. Ich kenne auch einige Menschen die sich gegen alles was es nur am Markt gibt Impfen lassen, was ich für einen kompletten Schwachsinn halte. Zum Beispiel eine Zecken oder Grippeimpfung wäre für mich absoluter Quatsch. Ob ich meine Kinder einmal Impfen lasse? Das kann ich leider noch nicht sagen, aber solange ich selbst noch keine habe muss ich mir darüber ja noch keine Gedanken machen.
Liebste Grüße Tamara
Ich habe zwar keine Kinder, komme aber mit dem Thema Impfungen immer wieder in Berührung, da ich im Gesundheitsbereich arbeite. Was das Thema Impfung angeht bin ich sehr skeptisch und ich würde meine Kinder bestimmt nicht alles impfen lassen! Ich bin nicht so der Fan von Chemie, Medikamenten. Tierversuchen und vertraue sehr auf das eigene Immunsystem (bei gesunden Menschen natürlich) und auf eine gesunde Lebensweise. Man sollte aber bei jeder Impfung alle Pro und Kontras für sich selbst zusammen fassen bevor man eine Entscheidung trifft. Bei mir würde das zB bedeuten Polio ja, Zecken nein! 😉 Ein toller Artikel btw und sehr gut ausgearbeitet.
Liebe Grüße Iris
Hallo Iris,
vielen Dank. Uns war es wichtig aufzuzeigen, welche Impfungen wichtig erscheinen und warum es wichtig wäre Impfen zu lassen. Schon allein wegen der Herdenimmunität. Ein Wort, was ich bis zu dem Artikel noch gar nicht im Wortschatz hatte. Jedoch wenn man darüber nachdenkt, erscheint es einem logisch! Wer nicht Impfen lassen will, muss es eben auch verantworten.
LG
Daniel