Aktuelles Urteil: Gesundheitsfragen – die vorvertragliche Anzeigepflicht

Die korrekte Beantwortung der Gesundheitsfragen vor Vertragsschluss ist Grundlage eines Versicherungsverhältnisses. Bei fehlerhafter oder nicht wahrheitsgemäßer Beantwortung kann der Versicherungsschutz gekündigt werden. Doch nicht immer hat der Versicherte Schuld.

Die vorvertragliche Anzeigepflicht

Nach § 19 VVG ist der Versicherungsnehmer dazu verpflichtet, alle „ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des Versicherers, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind“ (Abs. 1) anzuzeigen. Verletzt der Versicherungsnehmer vorsätzlich die Anzeigepflicht, kann der Versicherer sofort vom Vertrag zurücktreten. Wer hingegen nachweisen kann, dass keine Fahrlässigkeit vorlag, kann noch einen Monat im Vertrag bleiben bzw. zu anderen Konditionen ein Leben lang.

Auf diese Gefahren werden Versicherungsnehmer hingewiesen. Jedoch ergab ein neues Urteil des LG Dortmund, dass der Hinweis nicht explizit genug durchgeführt wird. Es ist es auch nicht immer ersichtlich, wer die Fragen stellt.

Versicherer und Makler müssen nachbessern

Geklagt hatte ein Versicherungsnehmer, dem die Versicherung aufgrund mangelnder Auskunft über den Gesundheitszustand gekündigt worden war. Vor dem LG Dortmund macht der Kläger geltend, dass die Belehrung über die vorvertragliche Anzeigepflicht nicht explizit genug durchgeführt wurde und aus den Fragen nicht ersichtlich war, ob es die Fragen des Maklers oder des Versicherers waren. Weswegen die Tragweite der Beantwortung nicht erkannt werden konnte.

Das Gericht stellte klar:

1. „Vo­raus­set­zung für eine An­zei­ge­pflicht des Ver­si­che­rungs­neh­mers ist dem­nach, dass Fra­gen des Ver­si­che­rers vor­lie­gen“ und als solche zu erkennen sind. Demnach reicht es nicht aus, dass die Fragen des Maklers inhaltlich den Fragen des Versicherers gleichen.
„Eine sol­che Er­kenn­bar­keit kann im vor­lie­gen­den Fall nur bei sol­chen Fra­gen an­ge­nom­men wer­den, in denen die Be­klag­te als Ver­si­che­rer aus­drück­lich ge­nannt ist. Nur bei die­sen Fra­gen ist für den Klä­ger als Ver­si­che­rungs­neh­mer er­kenn­bar ge­we­sen, dass es sich nicht nur um Fra­gen sei­nes Mak­lers han­del­te, son­dern, dass diese Fra­gen Re­le­vanz für sei­nen Ver­si­che­rer haben.“

Versicherer und Makler haben somit den klaren Auftrag erhalten, den Fragestellenden direkt zu benennen.

2. Die Mitteilung und der Hinweis auf die Folgen der Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht nicht klar genug waren.

Der Hinweis auf § 19 Abs. 5 VVG war formell ungenügend und verfehlte seine eigentliche Warnfunktion. Das Gericht stellte fest: „Diesen Anforderungen wird der Hinweis bereits nicht gerecht, da er in gleicher Schriftart, Schriftgröße und ohne jede Hervorhebung in das Antragsformular eingebettet worden ist.“

Die Folgen der vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung waren in den Ausfertigungen des Versicherers zwar formell richtig, jedoch nicht ausführlich genug und ließen in vielen Formulierungen verschiedene Interpretationen zu. Beispielsweise: „Der Ver­si­che­rungs­neh­mer wird hin­ter der Ver­trags­än­de­rung eher eine Prä­mien­er­hö­hung ver­mu­ten, als die Ein­fü­gung eines Ri­si­ko­aus­schlus­ses mit Rück­wir­kung, wel­cher zu einem Ver­lust des Ver­si­che­rungs­schut­zes für einen schon ein­ge­tre­te­nen Ver­si­che­rungs­fall füh­ren kann“.

Versicherer werden durch dieses Urteil gezwungen, ihre Ausführungen expliziter zu machen und das Maklergeschäft mit unmissverständlichen eigenen Fragen zu unterstützen.