Ist die Einführung der Unisex-Tarife Abzocke?

Am 21.12.2012 war Schluss mit der geschlechtsspezifischen Kalkulation von Versicherungsbeiträgen im Personen- und Sachbereich. Drei Wochen nach der Umstellung diskutieren Verbraucherschützer und Experten: Alles nur Abzocke und auf dem Rücken der Verbraucher ausgetragen oder gibt es triftige Gründe für die Beitragserhöhungen?

Wie unter anderem Stern.de“ heute berichtete, empören sich Verbraucherschützer über den Umgang der privaten Krankenversicherer mit der Einführung der Unisex-Tarife. „Die Unisex-Tarife werden eklatant und krass zu Lasten der Versicherten umgesetzt“, äußerte sich der Vorsitzende des Bundes der Versicherten, Axel Kleinlein, gegenüber der „Frankfurter Rundschau“. Es sei eine „ausgemachte Unverschämtheit, dass drei Wochen nach Einführung der neuen Tarife Männer zwar deutlich mehr zahlen müssen als zuvor, Frauen aber nicht oder kaum weniger.“, schreibt das Blatt weiter. Doch ist das die einzige Wahrheit und ist Unisex wirklich nur „die reinste Abzocke“?

Die Fakten

Klar ist: In den seltensten Fällen sind die Beiträge für Frauen günstiger geworden. Im Regelfall zahlen nun beide – also Frauen und Männer – mehr.

Frauen stellten in der Vergangenheit u. a. wegen der höheren Lebenserwartung und des präventiven Umgangs mit ihrer Gesundheit versicherungstechnisch das höhere Kostenrisiko dar. Hinzu kommt, dass Frauen statistisch häufiger Krankenzusatzversicherungen abschließen.

Männer betreiben im Schnitt eher eine Art „Reparaturmedizin“ und haben dazu eine geringere Lebenserwartung.

An dieser biologischen Grundlage und an dem Nutzungsverhalten medizinischer Angebote hat sich nichts geändert, nur weil die EU nun eine andere Kalkulation vorschreibt.

Eine andere Sichtweise

Wenn nun die Versicherungs-Beiträge für Frauen stark abgesenkt worden wären, würden sich zukünftig noch mehr Frauen zu dann niedrigeren Prämien versichern. Dadurch würden die Versicherer sich vermehrt „höhere Risiken  einkaufen“. Dies könnte einer der Gründe sein, warum tunlichst darauf geachtet wurde, die Frauen-Beiträge nicht zu stark zu senken.

Einen Vorteil für die Verbraucher bringt dies natürlich nicht mit sich. Aber hätte man die Beiträge der Männer und Frauen einer Altersgruppe einfach addiert und danach durch zwei geteilt (wie man es sich vielleicht vorstellt), hätte dies wegen der ungeänderten biologischen Grundlagen und des unveränderten Nutzungsverhaltens dazu geführt, dass die Tarife in den nächsten zwei Jahren überproportional angepasst worden wären.

Und dann wäre vielleicht folgende Schlagzeile denkbar: „Mit billigen Unisex-Beiträgen angelockt und dann hinterrücks abgezockt!“

Doch in einem sind sich alle einig: Die Berechnungen geschlechtsunabhängiger Tarife sind kompliziert – und wie diese tatsächlich aussehen, wissen nur die Versicherer selbst.