Welche Tätigkeiten sind trotz Berufsunfähigkeit möglich?

Wenn man eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließt, erwartet man, dass im Fall einer dauerhaften Erkrankung die Verdienstausfälle, die durch den Wegfall der Erwerbsarbeit entstehen, ausgeglichen werden. Vor dem Abschluss sollte man sich deshalb vergewissern, dass die Versicherungsgesellschaft ausdrücklich auf die so genannte „abstrakte Verweisung“ verzichtet. Tut sie es nicht, kann sie die Zahlung verweigern, da man theoretisch jede andere Tätigkeit noch ausüben könnte. Diese Tätigkeit muss dann in keinem Zusammenhang mit der bisherigen Berufstätigkeit stehen. Hat man diese Regelung im Versicherungsvertrag stehen, kann die Gesellschaft verlangen, dass man auch in einem Beruf arbeitet, für den man keine Ausbildung benötigt oder die weniger Ertrag bringt, als vorherige Tätigkeiten. Die abstrakte Verweisung in der Berufsunfähigkeitsversicherung haben jedoch inzwischen viele Gesellschaften aus den Bedingungen gestrichen.

Was ist aber der Fall, wenn Sie nach einiger Zeit einen neuen Beruf ergriffen haben oder einer Nebentätigkeit nachgehen. Ab wann darf Ihre Versicherungsgesellschaft die Zahlung einstellen, wenn Sie eine andere Tätigkeit aufgenommen haben? Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat im Dezember 2011 entschieden, dass eine Versicherungsgesellschaft nur dann auf eine andere Tätigkeit verweisen kann, wenn die Berufstätigkeit in einem klaren Zusammenhang zu vorherigen Tätigkeiten und der Ausbildung steht (Az.: 12 U 140/11).

Die Berufsunfähigkeitsversicherung darf nicht auf jede Tätigkeit verweisen

Es ging um einen Malergesellen, der aufgrund einer Verletzung des Sprunggelenks seinen Beruf nicht mehr ausüben konnte. Seine Berufsunfähigkeitsversicherung unterstützte ihn zunächst durch die tariflich vereinbarte Leistung. Nach einiger Zeit nahm er eine Tätigkeit als Hausmeister in einer Schule wieder auf. Dies veranlasste den Versicherer dazu, die Leistung einzustellen, da eine Tätigkeit als Hausmeister handwerkliches Geschick erfordern würde. Dies spräche dafür, dass der Versicherungsnehmer leistungsfähig sei – ein Grund die Leistung einzustellen.

Nachdem der Versicherungsnehmer in erster Instanz gescheitert war, entschied nun das Oberlandesgericht Karlsruhe, dass die Versicherung nicht auf jede weitere Tätigkeit verweisen dürfte. Für eine Tätigkeit als Schulhausmeister wäre zwar handwerkliches Geschick notwendig, aber nicht in dem Maße, dass die Berufsausbildung des Klägers dafür notwendig sei. Die Versicherung darf also die Leistung nicht mit dem Verweis auf die Hausmeistertätigkeit verweigern.