SPD hält Pflege-Bahr für unsinnig

Pflege-Bürgerversicherung statt Pflege-Bahr. So lautet der Plan der SPD. Steinbrück, Gabriel und Co. wollen die von FDP-Gesundheitsminister Bahr eingeführte, staatlich geförderte Pflegetagegeldversicherung wieder abschaffen, sofern sie nach der Bundestagswahl die Regierung bilden.

Was ist der Pflege-Bahr?

Der Pflege-Bahr ist an den Namen des derzeitigen Gesundheitsminister Daniel Bahr angelehnt. Das Gesundheitsministerium war auf Grund des demographischen Wandels und der steigenden Pflegebedürftigkeit der deutschen Senioren dazu angehalten, Anreize für die private Pflegevorsorge zu setzen. Seit 01.01.2013 ist die neue Vorsorgeart des Pflege-Bahr in Kraft. Die Bundesbürger erhalten mit dem Abschluss eines Pflege-Bahr-Vertrags gleichzeitig staatliche Förderung für die private Vorsorge. Konkret handelt es sich dabei um eine subventionierte, private Pflegetagegeldversicherung, zu deren Beitrag der Staat monatlich einen kleinen Zuschuss beisteuert. Ein großer Vorteil des Pflege-Bahrs ist, dass die Verträge ohne Gesundheitsprüfung, Altersbeschränkung und ohne Risikozuschläge angeboten werden. Jeder kann sich so für den Pflegefall absichern.

Die Regierungskoalition aus CDU und FDP stellt dafür allein in diesem Jahr 90 Millionen EUR bereit, die zunächst für 1,5 Millionen Verträge ausreichen werden. Die Fördermittel für nächstes Jahr hängen von der Nachfrage der 2013 abgeschlossenen Verträge ab.

Generell ist der Schutz durch eine private Pflegeversicherung sinnvoll. In Deutschland gibt es derzeitig rund 2,5 Millionen Pflegebedürftige mit steigender Tendenz.

Die durchschnittlichen Kosten für ein Pflegeheim bei Pflegestufe 3 liegen momentan bei rund 3.000 EUR und können nur in den seltensten Fällen aus dem eigenen Einkommen finanziert werden. Für den Sozialstaat bedeutet das eine enorme Belastung. Die soziale Pflegeversicherung übernimmt monatlich 1.550 EUR,  doch danach verbleibt knapp die Hälfte als Eigenanteil, plus der Kosten für den persönlichen Bedarf.

Kritik am Pflege-Bahr

Versicherungsexperten sehen den Pflege-Bahr seit seiner Einführung kritisch. Denn der gesetzliche Rahmen des Pflege-Bahrs, der eine Gesundheitsprüfung, Risikozuschläge und Altersbegrenzung verbietet, macht die Tarife teuer. Junge und gesunde Menschen sind deswegen besser damit beraten, einen privaten Pflegeversicherungsvertrag ohne staatliche Förderung abzuschließen.

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass nur das Pflegetagegeld Förderfähigkeit besitzt, nicht aber eine Pflegekostenversicherung oder Pflegerente.

Die Opposition moniert außerdem die Höhe der staatlichen Förderung: für den staatlichen Zuschuss von 5,00 EUR monatlich lohne sich für fast niemanden der Abschluss eines Vertrages. Dem FDP-Politiker Bahr wird vorgeworfen, Klientelpolitik für die Versicherungsbranche zu betreiben, die von der Initiative des Gesundheitsministeriums am meisten profitiert.

Die SPD-Führung ist der Meinung, dass einerseits die Finanzierung der Pflege mit 5,00 EUR staatlicher Unterstützung nicht stabilisiert werden könne. Andererseits sei der Pflege-Bahr ungerecht, da die Pflegezusatzversicherungen durch die Förderungen teurer würden und so die Bürger, die eine bessere Absicherung bräuchten, leer ausgingen.

Die Pflege-Bürgerversicherung

Wie die Bundesregierung möchte die SPD die Pflege in Deutschland stärken, jedoch sollen keine obligatorischen, ergänzenden oder kapitalgedeckten Zusatzversicherungen oder Kopfpauschalen gefördert werden, wie es in einem Positionspapier der Partei zu lesen ist.

Als Alternative schlagen die sozialdemokratischen Gesundheitsexperten die Einführung einer Pflege-Bürgerversicherung vor, die an das Konzept einer einheitlichen Bürgerkrankenversicherung angelehnt ist. Ziel sei ein Ausgleich zwischen privater und gesetzlicher Pflegeversicherung.

Zunächst solle als Vorstufe einer Bürgerversicherung eine Pflegereform durchgeführt werden, die den Pflegeversicherungsbeitrag um 0,5 % erhöht. Der nächste Schritt, müsse die Einführung einer Pflege-Bürgerversicherung sein, in die alle Bundesbürger verpflichtend einzahlen.

Laut einer Rechnung des Versicherungsboten würden mit der geplanten Erhöhung des Beitragssatzes für die gesetzliche Pflegeversicherung Mehreinnahmen in Höhe von fünf Milliarden EUR erwirtschaftet. Gesetzlich Pflegeversicherte müssten dann 2,55 % statt derzeit 2,05 % vom Bruttolohn in die Pflegeversicherung einzahlen. Bei Kinderlosen ab 23 Jahren wären es dann sogar 2,8 % vom Bruttogehalt.

Um die Pflege-Bürgerversicherung auf den Weg zu bringen, braucht die SPD zwei Dinge: Zum einen den Wahlerfolg bei der Bundestagswahl im September und zum anderen die Unterstützung des Koalitionspartners die Grünen. Auf der Webseite des Bündnis 90 stößt der Pflege-Bahr ebenfalls auf Ablehnung. So heißt es in einer Pressemitteilung: „Der Pflege-Bahr ist Bauernfängerei“.

Ob Wahlerfolg ja oder nein: Kanzlerkandidat Steinbrück gelang es in vielen Statements zum Pflege-Bahr, die Aufmerksamkeit auf das Thema Pflege zu lenken. Dazu gehöre, sich die mangelnde Wertschätzung und Bezahlung der Pflegekräfte vor Augen zu führen. Denn heute schon gibt es nicht genügend Pflegefachkräfte, da die Attraktivität der Berufs mit der niedrigen Bezahlung abnehme.

Neben der Stärkung der Berufsgruppe und der Einführung der Bürgerversicherung liegen der Ausbau der ambulanten Pflege sowie die Schaffung von mehr altersgerechten Wohnräumen im Fokus der SPD.