EG-Binnenmarkt
Am 18.6.1992 verabschiedete der Ministerrat die Dritte Schadenversicherungsrichtlinie. Die Richtlinie musste bis Ende 1993 in die Rechtsordnungen der Mitgliedsstaaten transformiert werden. Die geänderten nationalen Rechtsvorschriften mussten bis spätestens zum 1.7.1994 in Kraft treten. Übergangsregelungen wurden in Spanien (bis Ende 1996) sowie in Griechenland und Portugal (bis Ende 1998) eingeräumt. Im Zusammenhang mit diesem Thema ist der Begriff der EG-Richtlinie von großer Bedeutung. Deshalb soll dieser Begriff hier genau erläutert werden:
Richtlinien der EG sind für die Mitgliedsstaaten verbindliche Rechtsakte. Nach der Definition des Art. 189 Abs. 3 des Vertrages zu Gründung der europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vom 25.03.1957 ist die Richtlinie für jeden Mitgliedsstaat, an die sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Erlassen werden die EG-Richtlinien vom Rat der europäischen Gemeinschaften, in dem die Regierungen der Mitgliedsstaaten vertreten sind.
Für die Versicherungswirtschaft von besonderer Bedeutung sind die sogenannten Schadenrichtlinien:
Mit der ersten Schadenrichtlinie im Jahre 1973 wurde die Niederlassungsfreiheit eingeführt. Niederlassungsfreiheit bedeutet, dass jedes Versicherungsunternehmen in anderen EG-Ländern selbständige Niederlassungen errichten darf, wobei grundsätzlich die Rechtsvorschriften des Tätigkeitslandes gelten. Die zweite Schadenrichtlinie aus dem Jahre 1989 regelt die Dienstleistungsfreiheit im Großkundengeschäft. Sie ist der direkte Vorläufer zur dritten EG-Richtlinie, die nun auch die Dienstleistungsfreiheit im Privatkundengeschäft vorsieht.
Die dritte EG-Richtlinie betrifft die Schaden-, Unfall-, Kredit-, Rechtsschutz- und auch die private Krankenversicherung. Sie bringt weitreichende Veränderungen für die Versicherungswirtschaft.
Hier die wichtigsten Änderungen:
1. Dienstleistungsfreiheit
Dies bedeutet, dass Versicherer aus anderen EG-Mitgliedstaaten private Krankenversicherungen in Deutschland anbieten können, ohne dort niedergelassen zu sein.
2. Heimatlandkontrolle
Dies bedeutet, dass ein Versicherungsunternehmen bei der Aufsicht seines Heimatlandes die Zulassung für jedes andere Mitgliedsland beantragen kann. Bisher ging das nur im jeweiligen Tätigkeitsland. Die Beaufsichtigung über die Geschäftstätigkeit eines Versicherungsunternehmens obliegt also der Aufsichtsbehörde des Herkunftslandes des Unternehmens.
3. Aufhebung der Bedingungs- und Tarifgenehmigung
Die auf dem deutschen Markt befindlichen PKV-Produkte unterliegen nicht mehr der Genehmigungspflicht durch die Aufsichtsbehörde in Berlin.
4. Aufhebung der Spartentrennung
Die früher in Deutschland geltende Spartentrennung hat europaweit seit Mitte 1994 keine Bedeutung mehr.
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